Zum glück ist niemand auf die idee gekommen, die rechtschreibung müsse auch hier «eindeutig» sein! In den reformdiskussionen spielt die unterscheidungsschreibung jeweils eine grosse rolle:
malen / mahlen, Seite / Saite, Lärche / Lerche, greulich / gräulich, wohlbekannt / wohl bekannt, sitzenbleiben / sitzen bleiben, der Gefangene floh / der gefangene Floh. Wie man am heutigen muttertag sieht, leidet die von den reformgegnern beschworene «Ausdrucksvielfalt der Sprache» (Hans Zehetmair) keineswegs, wenn wörter, die gleich ausgesprochen werden, auch gleich geschrieben werden. Oder wie es Wilhelm Bleich schon 1900 formulierte: «Eine zwecklose Erschwerung des Schriftgebrauchs ist es, gleichlautende Wörter verschiedener Bedeutung durch eine verschiedene Schreibung zu unterscheiden, da ja schon der Zusammenhang im Satze jedes Mißverständnis verhütet.»